BGH kippt Gebührenerhöhung der Banken: So kriegen Kunden ihr Geld zurück

Erhöhte Gebühren fürs Konto müssen Kunden von Banken und Sparkassen nicht einfach so hinnehmen. Das hat jetzt ein Urteil des Bundesgerichtshofs gezeigt. Unrechtmäßige Gebührenerhöhungen gab es in der Vergangenheit viele. Wie Kunden sich wehren können und zu viel gezahlte Gebühren zurück bekommen.

03.06.2021
  • Lesezeit ca. 4:30 Minuten
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    03.06.2021
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Paar begutachtet ein Schriftstück
© wavebreakmedia/www.shutterstock.com

Wenn Banken oder Sparkassen in der Vergangenheit ihre Kontoführungsgebühren erhöhen oder die Geschäftsbedingungen ändern wollten, bekamen Sie als Kunde spätestens zwei Monate vorher dazu eine kurze Information. Falls Sie nicht widersprochen haben, galt dies als ein Einverständnis mit der Erhöhung. Diese gängige Praxis hat der Bundesgerichtshof Ende April 2021 für rechtswidrig erklärt – mit gravierenden Folgen für die Banken. Denn Sie können viele jetzt unzulässige Gebühren nun zurückfordern.

Zum Urteil XI ZR 26/20 des BGH vom 27. April 2021 kam es nach einer Klage der Verbraucherschutzzentralen gegen die Postbank. Da nahezu alle anderen Banken und die Sparkassen ähnlich verfahren haben, betrifft der BGH-Entscheid aber praktisch alle Kreditinstitute und ihre Kunden – wahrscheinlich auch Sie.

Bisherige Bankenpraxis bedeutet unfaire Benachteiligung der Kunden

Die Kreditinstitute sahen ihr Vorgehen bisher durch den §675 Abs.2 BGB legitimiert. AGB-Änderungen und Gebührenerhöhungen sind dort entsprechend geregelt. Schon 2020 urteilte der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung C-287/19, dass diese Regelung aber nicht für Verbraucher gelten könne. Unter Bezugnahme darauf präzisierte der BGH jetzt diesen Richterspruch. Sie ist unfair und damit unzulässig, weil Sie im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eine Bank klar bevorzugt und die Kunden deutlich benachteiligt.

Von dem Urteil sind insbesondere alle Erhöhungen bei Kontoführungsgebühren rückwirkend bis zum 01. Januar 2018 betroffen. Bedenkt man, dass seit 2015 diese Gebühren im Durchschnitt aller Banken und Sparkassen um rund 40 Prozent gestiegen sind, geht es hier um erhebliche Beträge für jede Bank und für Ihre Kunden. Denn die können alle zu viel gezahlten Gebühren zuzüglich Zinsen jetzt zurückfordern.

Dabei gelten diese Fristen:

  • Für unzulässige Gebühren aus dem Jahr 2018 der 31. Dezember 2021 und
  • Für zu viel gezahlte Gebühren aus 2019 der 31. Dezember 2022

Sie können für sämtliche Erhöhungen die Differenzbeträge zu den bei Kontoeröffnung geltenden Preisen oder neu erhobene Gebühren vollständig zurückfordern.

Ab Tag der jeweiligen Abrechnung beziehungsweise Buchung der Gebühren dürfen Sie zusätzlich fünf Prozent Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz der Bundesbank verlangen.

So können Sie unzulässige Gebühren von Ihrer Bank zurückfordern

Banken sind hier nicht verpflichtet, selbst tätig zu werden und Ihnen das Geld mit Zinsen automatisch zu erstatten. Sie müssen Ihr Kreditinstitut dazu auffordern. Die Bank kann Ihnen die Zahlung wegen des BGH-Urteils nicht verweigern, auch wenn sie selbst nicht namentlich verklagt wurde. Das Urteil gilt für die gesamte Branche, wenn ähnlich wie bei der Postbank vorgegangen wurde.

Außerdem können Sie keine pauschale oder verallgemeinerte Rückzahlung fordern. Sie müssen Ihrer Bank konkrete Beträge nennen, die Sie zurückhaben wollen:

  • Überprüfen Sie Ihre E-Mails oder den Schriftverkehr der Bank auf Mitteilungen zu Gebührenerhöhungen des Kreditinstituts seit Anfang 2018. Liegt Ihnen beides nicht vor, kann eine Internetsuche nach dem Kreditinstitut und dem Stichwort Gebührenerhöhung außerdem noch weiterhelfen.
  • Anschließend benötigen Sie den ursprünglich bei Ihrer Kontoeröffnung gültigen Kontoführungspreis, die Gebühren für eine Kreditkarte oder andere Kosten. Das BGH-Urteil gilt für alle Arten von Gebühren oder Kosten!
  • An dieser Stelle liegt eine besondere Brisanz für die Kreditinstitute, weil nicht einfach die Ende 2017 erhobenen Gebühren als Referenz gelten.
  • Zu den alten Gebührensätzen finden Sie nähere Angaben im seinerzeit gültigen Preis- und Leistungsverzeichnis Ihrer Bank – kurz PLV. Die damaligen Gebühren gelten durch das Urteil bis heute. Ein altes PLV hat in der Regel allerdings kaum ein Bankkunde in den Unterlagen. Sie können dazu Ihre Bank fragen, oder wieder die Internetsuche bemühen. Dort lassen sich auch ältere Dokumente oft noch aufstöbern. Eine andere Möglichkeit bieten alte Kontoauszüge: Schauen Sie direkt auf die ersten Auszüge und die Beträge, die Ihnen dort am Monatsende oder bei der Quartalsabrechnung abgebucht wurden.

Nun ermitteln Sie einfach die Differenz zwischen den alten Beträgen und den zuletzt geforderten Gebühren. Beispiele:

  • Haben Sie einmal ein gebührenfreies Girokonto eröffnet, dass ab 2019 dann fünf Euro im Monat gekostet hat, sind das bis Ende Mai 2021 145 Euro, die Sie von Ihrer Bank zurückverlangen können
  • Mussten Sie für eine Konto- oder Kreditkarte früher 60 Euro im Jahr zahlen und ab 2019 beispielsweise 90 Euro, können Sie hier 32,50 Euro Rückzahlung fordern.

Für die jeweiligen Beträge berechnen Sie dann die Verzinsung. Die Basiszinssätze der Bundesbank finden Sie hier. Zuzüglich fünf Prozent p.a. berechnen Sie damit die Zinsen nach dieser Formel:

(Monate der zu viel gezahlten Gebühren/12)
x Zinssatz (aktuell 4,12 Prozent)
x (Summe der zu viel gezahlten Gebühren/2)
= Ihr Rückforderungsanspruch

Zuletzt teilen Sie Ihrer Bank diese Forderung mit. Dazu nutzen Sie ein Musterschreiben wie dieses:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich besitze bei Ihnen das Konto mit der IBAN … Zum Zeitpunkt der Kontoeröffnung galten dafür diese Gebühren in Ihrem Preisverzeichnis:
(Beispiele)

  • Kontoführungsgebühr: X Euro p.M.
  • Kreditkartengebühr: X Euro p.M. oder p.a.
  • weitere Gebühren X Euro p.M.

Dementsprechend hatten Sie seit dem 01. Januar 2018 Anspruch auf die Zahlung von SUMME Euro.

Ohne meine ausdrückliche Zustimmung haben Sie seitdem jedoch Ihre Gebühren erhöht. Mangels dieser Zustimmung war(en) die Gebührenerhöhung(en) unwirksam. Die Unwirksamkeit ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs XI ZR 26/20 vom 27. April 2021.

Daher fordere ich Sie hiermit auf, die Differenz zwischen den bei Kontoeröffnung vereinbarten Gebühren und den später von Ihnen eingezogenen Gebühren gemäß §812 BGB zurückzuzahlen. Für die Forderung beziehungsweise Zahlung der höheren Gebühren gab es keinen Rechtsgrund.

Insgesamt beläuft sich die Erstattung auf X Euro nebst Zinsen oder Nutzungsersatz (gemäß §818 Abs. 1 BGB) in Höhe von 5 Prozent p.a. über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit der unwirksamen Erhebung der Gebühren. Im Falle einer Bank besteht Anlass für die Vermutung der Tatsache, dass hier Nutzungen im Wert üblicher Verzugszinsen gezogen wurden, die als Ersatz der Nutzung wieder herausgegeben werden müssen (BGH XI ZR 348/13 vom 28. Oktober 2014).

Überweisen Sie deswegen den Betrag von [GESAMTBETRAG INKL. ZINSEN] Euro bis zum [DATUM IN DREI WOCHEN] auf das Konto [IHRE IBAN].

Mit freundlichen Grüßen

Bei pauschalen Kontoführungsgebühren oder Kartengebühren lohnt sich der kleine Aufwand für die Geltendmachung der Rückforderung schnell. Grundsätzlich können auf Basis des BGH-Urteils ebenso bei Einzelpostenabrechnung Rückzahlungen eingefordert werden. Oft wurden sicherlich auch Lastschrift- oder Überweisungsgebühren angehoben. Hier stehen Aufwand und Rückforderungsansprüche oft jedoch in keinem Verhältnis.

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